Das Festival Camposanto steht vor der Tür und lädt ein, die einzigartige Atmosphäre des historischen Friedhofs in Buttstädt zu genießen. Vom 1. bis 18. August verwandelt sich dieser besondere Ort im Landkreis Sömmerda erneut in die Bühne für Theater, Kabarett und mehr. Insgesamt erwarten euch zehn Veranstaltungen: Mit “Shakespeare in Stücken“ erwecken drei Schauspieler:innen und zwei Musiker Shakespeares Meisterwerke zum Leben, ihr könnt vier Kabarettabende erleben, einen Stummfilm mit Livemusik sowie ein buntes Sommerfest. Im Interview mit Julia Heinrich, der Projektleiterin des veranstaltenden Weimar Art Vereins, erfahren wir mehr über die Hintergründe und Besonderheiten dieses faszinierenden Festivals und einem ganz besonderen Weltrekordversuch.
Wie entstand die Idee, ein Sommerfestival auf dem Alten Friedhof zu veranstalten und welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung?
Der Camposanto ist kein aktiver Friedhof mehr. Die Gräber sind sehr verstreut. Dadurch gibt es viele Freiflächen, die für Veranstaltungen genutzt werden können, einschließlich einer großen Fläche für den Bühnenbau. Trotzdem gehen wir sehr respektvoll mit diesem Ort um und halten uns an gewisse Gegebenheiten. Wir machen dort kein HeavyMetal-Festival, sondern achten darauf, dass eine gewisse Ruhe gewahrt und nichts beschädigt wird. Dies zeigt sich auch an den Aufbauarbeiten. Wir zimmern keine riesige Tribüne hin, wie man es von anderen Sommertheatern kennt. Die Technik wird so verbaut, dass sie dem Ort nicht schadet. Wir nutzen die vorhandenen Gegebenheiten wie Bäume und bauen unser Licht und andere Installationen dort hinein, sodass der Ort authentisch aussieht und erhalten bleibt, wie er ist. Ich glaube, das schätzen unsere Gäste auch sehr. Wichtig zu erwähnen ist, dass der Friedhof 2021 ein Außenstandort der BUGA war und in diesem Jahr den Thüringer Denkmalschutzpreis verliehen bekommen hat, dank des großen ehrenamtlichen Engagements des Fördervereins, der ihn betreibt. Diese Auszeichnung wurde erst vor einem Monat in Erfurt verliehen und ist eine tolle Anerkennung für den Verein.
Was macht den Alten Friedhof in Buttstädt aus historischer Sicht so besonders und wie kam es dazu, dass er zum Veranstaltungsort wurde?
Der Friedhof ist einer der wenigen erhaltenen Friedhofsanlagen der Renaissance. Davon gibt es in Thüringen, glaube ich, tatsächlich nur zwei. Diese Friedhöfe werden Camposanto genannt, und das war auch die Namensgebung für unser Festival. Der Friedhof ist besonders gut erhalten. Man kann ihn jederzeit besuchen, er ist tagsüber immer geöffnet. Die Grabsteine aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind relativ gut erhalten oder restauriert. Ein besonderes Merkmal dieses Friedhofs sind die Arkaden, die das Gräberfeld umsäumen. Um 1860 wurde der Friedhof stillgelegt, sodass dort heute keine neuen Gräber mehr angelegt werden. Das ermöglicht es, dort Veranstaltungen durchzuführen. Wäre es noch ein aktiver Friedhof, würden wir das natürlich nicht machen. Es wäre auch gar nicht erlaubt. Dieser Friedhof ist aber nicht mehr geweiht, und die Buttstädter haben dort auch schon vor dem Festival Veranstaltungen durchgeführt. „Musik bei Fackelschein“ heißt eine Veranstaltung, die dort im September immer stattfindet. Wir haben diesen Ort entdeckt und wussten damals nicht, dass dort schon andere Veranstaltungen stattfinden. Unsere Idee wurde jedoch begeistert aufgenommen, und dankenswerterweise dürfen wir das Festival dort durchführen.
Wie wählt ihr die Inhalte für das Festival aus? Und was können wir erwarten?
Also dieses Jahr erweitern wir unser Sommertheater um Shakespeare, was für uns einen großen Schritt nach vorne bedeutet. ShakespeareStücke umzusetzen, ist nicht so einfach, wie man denkt, da sie normalerweise drei bis vier Stunden dauern. Wir planen einen Weltrekordversuch in Buttstädt, alle Shakespeare-Stücke an einem Abend aufzuführen. Das wird eine Herausforderung, aber auch ein großes Ereignis für unser Publikum, das einen Einblick in nahezu jedes Stück erhalten wird. Nächstes Jahr steht möglicherweise Olaf Schubert auf unserem Friedhof. Es ist noch nichts vertraglich festgelegt, aber wir haben bereits mit seiner Agentur gesprochen. Das wäre eine fantastische Erweiterung für unser Programm und ein toller Erfolg für uns.
Kannst du einige besonders erinnerungswürdige Momente oder Anekdoten aus den bisherigen Festivals teilen?
Also alle unsere Sommerfeste waren einfach toll. Es war einfach schön, an einem Abend all unsere Formate präsentieren zu können. Unser Sommerfest nutzten wir immer, um den Besuchern einen Einblick in dreiwöchige Programm zu geben. Es ist sozusagen das Best-of-Programm. Die Besucher waren immer gut drauf und es hat Spaß gemacht, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ein besonderes Highlight für mich persönlich war die Aufführung des Stummfilms „Nosferatu“ auf dem Friedhof. Das fand ich inhaltlich sehr passend, da ich ein großer Fan von alten Vampirfilmen bin. Es war immer mein Wunsch, diesen Film an einem so besonderen Ort zu zeigen. Mit einer alten 16mm-Kamera hatte das Ganze einen ganz besonderen Charme und hat für mich wirklich ein persönliches Highlight dargestellt.
Was motiviert dich persönlich, das Festival zu organisieren und welche Bedeutung hat es für dich, Kultur in diesen einzigartigen Raum zu bringen?
Das Festival ist für mich wie mein Baby. Obwohl ich hauptberuflich als Geschäftsführerin im Kinder- und Jugendtheater Stellwerk in Weimar arbeite und das über alles liebe, erfülle ich mir mit dem Festival einen persönlichen Traum. Hier kann ich meine Vorstellungen kreativ umsetzen und das gelingt uns dank der Unterstützung vieler ehrenamtlicher Helfer ausgezeichnet. Geld verdienen oder groß herauskommen ist nicht unser Ziel; vielmehr steckt viel Herzblut aller Beteiligten in diesem liebevollen Projekt. Die Resonanz des Publikums und die Gespräche mit den Leuten vor Ort bedeuten mir sehr viel. Es ist für mich ein Gewinn zu sehen, was wir gemeinsam auf die Beine stellen können. Von Jahr zu Jahr wird es mir auch immer wichtiger, Kultur in den ländlichen Raum zu bringen, besonders hier in Thüringen, wo außerhalb der Städte vieles ländlich geprägt ist. Ich halte es für unglaublich wichtig, diesen abgelegenen Orten mehr Aufmerksamkeit zu schenken und zuzuhören, was die Menschen dort brauchen. Kultur kann eine große Bereicherung sein und zeigt, wie schön Thüringen ist. Es ist mir persönlich sehr wichtig, dass wir mit unserem Engagement dazu beitragen.
Warum sollte man sich das Festival nicht entgehen lassen?
Das Festival bietet eine einzigartige Atmosphäre, die man an vielen anderen Orten vielleicht nicht erleben kann. Es gibt jede Menge Unterhaltung, Magie und Freude – eine wirklich tolle Sommernacht.
Wie muss ich mir Shakespeare in Stücken vorstellen? Wird es viele Fragmente geben? Was wird die Stücke verbinden?
„Shakespeare in Stücken“ ist der Versuch, dem Publikum an einem Abend so viele Shakespeare-Stücke wie möglich zu präsentieren. Drei Schuspieler:innen und zwei Musiker lassen uns die Welt des großen Dramatikers eintauchen und verbinden Theater mit Geschichte, indem auch unbekannte Details aus Shakespeares Leben ans Licht kommen. Die Inszenierung ist eine Hommage an die zeitlosen Themen der Menschheit: Liebe, Hoffnung, Tod, Humor. Die Besucher können sich auf einzigartiges Theatererlebnis freuen: Der gesamte Friedhof wird zur Bühne und Shakespeares bekannteste Figuren wie Hamlet, Richard III. Desdemona, Romeo und Julia wandeln zwischen den ehrwürdigen Mauern des Camposantos. Damit hat Stephan Schäfer, der Regisseur des Stückes, ein wirklich einmaligen Theaterabend erschaffen. Das sollte man sich in jedem Fall nicht entgehen lassen!
Hard-Facts:
- Festival Camposato: 1. bis 18. August
- Camposanto zu Buttstädt | Am Alten Friedhof 15
- Mehr: festival-camposanto.de