Weite Felder umschließen das landwirtschaftlich geprägte Dorf, das sich vor allem durch seine Ruhe auszeichnet. Rund 70 Menschen leben in Beulbar, zwischen Bürgel und Eisenberg gelegen. Da hier nur der Schulbus hält, sind sie für tägliche Besorgungen auf ein Auto angewiesen. Einen Tristesse-Blues anzustimmen, liegt aber fern – obwohl dieses musikalische Genre hervorragend zu einer örtlichen Kulturinstitution passen würde, die sich an einem Wiesenhang am Ortsausgang in Richtung des Flüsschens Gleise versteckt.
Am Vieh Theater in Beulbar
Das „Am Vieh Theater“ wurde 2002 vom regional bekannten Sänger und Schauspieler Georg Zurawski, „Orge“ genannt, aufgebaut, der jahrelang im Bauernhaus daneben wohnte. Im Jahr 2018 übergab der inzwischen verstorbene Kulturmacher die Leitung in die Hände von Nico Schneider, der zuvor schon viele Musik-Veranstaltungen fürs „Am Vieh Theater“ organisierte und selbst auftrat. Der Vollblutmusiker hat mit seiner Familie das Areal von „Orge“ gekauft – und weiß Beulbar zu schätzen. „Das Gelände ist traumhaft schön und hier fühlen wir uns wohl. Ich bin das ganze Jahr über auf Tour – die A4 und die A9 sind nur zehn Minuten entfernt – und freue mich, nach Hause zu kommen und die Ruhe zu genießen“, so Nico Schneider.
Es ist immer etwas zu tun
Langweilig wird es zuhause trotzdem nie, denn am Freilichttheater ist immer etwas zu tun. „Das Land muss gepflegt, es muss regelmäßig gemäht werden. Stein, Holz und Metall: Wir haben es hier mit natürlichen Baustoffen zu tun, die für ein rustikales Ambiente sorgen, aber auch regelmäßig gegen Witterung oder Verschleiß geschützt werden müssen. Dazu passt, dass wir nur auf akustische Veranstaltungen setzen“, so der 43-Jährige. Auf den Bänken der abfallenden Freilichtbühne im Stil eines Amphitheaters finden 300 bis 400 Zuschauer:innen Platz. Die handverlesenen Konzerte, Kabarett- oder Theateraufführungen sind meist so gut besucht, dass inzwischen ein Vorverkauf der Tickets über die Tourist-Information Jena stattfindet. Infrastrukturelle Herausforderungen bleiben nicht aus: „Für ungewollten Nervenkitzel sorgt die meist bis kurz vor den Veranstaltungen unklare Parkplatzsituation. Wir sprechen uns mit den Landwirten im Dorf ab, wer passend zum Anbau seinen Acker dafür zur Verfügung stellen kann. Wenn eben auf einer Wiese noch frischer Klee für die Schafe wächst, weichen wir auf einen anderen aus. Wenn sich Autos unserer Besucher auf schlammigen Feldern festgefahren haben, helfen unsere Nachbarn mit ihren Traktoren schon mal aus“, verrät der Theaterdirektor, der das hilfsbereite Miteinander beim Ausnahmezustand im Dorf betont.
Damit das so bleibt, beschränken sich die Veranstaltungen des „Am Vieh Theaters“, welches Fasching, Maibaumsetzen oder Feuerwehrfesten im Veranstaltungsprogramm des Saale-Holzland-Kreises ein anderes Kulturprogramm entgegensetzt, auf wenige Events im Sommer. Ein 15-köpfiges Team kümmert sich um den reibungslosen Ablauf – und die kulinarische Versorgung mit einer Bar, Pizza und Bratwurst. Beim Programm für die Open-Air-Veranstaltungen ist Nico Schneider für viele akustische Genres offen – und verlässt sich auf die eigene Expertise. „Das sind Leute oder Bands, die ich kenne oder schon einmal live gesehen habe.“ Ursprünglich stammt er aus Zella-Mehlis und kam schon früh in der Kindheit über seinen blinden Großvater mit Musik in Kontakt, der verschiedene Instrumente nach Gehör spielte. In den umliegenden, rustikal eingerichteten Berghütten ohne Strom hingen damals wie selbstverständlich Thüringer Waldzithern für ein geselliges Miteinander an der Wand – ein lokales Zupfinstrument, für das er sich in einer Gruppe um einen Eintrag ins Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes stark macht.
Von Seldom Sober Company bis Allan Taylor
Die Liebe zur Folk-Musik war geweckt – und ist bis heute geblieben: Der passionierte Banjo-Spieler (und gefragte Banjo-Bauer) ist mit der Band Seldom Sober Company und auch in anderen Formationen – wie HüSCH! – die Hälfte des Jahres auf Konzerten unterwegs. Nico Schneider war auch schon auf einem Album des britischen Singer-Songwriters Allan Taylor zu hören, der demnächst auch in dem kleinen abgelegenen Dörfchen Station macht und in der ländlichen Idylle des „Am Vieh Theaters“ auftreten wird.
Hard-Facts:
- Am Vieh Theater | Beulbar 16 | Bürgel
- Mehr: amviehtheaterbeulbar.de
Kommende Termine:
- 28. Juli, 18.30 Uhr: Allan Taylor „50 Years On The Road“
- 23. August | 19.30 Uhr | Kabarett „Die Arche“: „Wir halten die Stellung“
- 28. September | 19.30 Uhr | Doppelkonzert: TradTöchter & HüSCH!